Graz darf alles
Gastkommentar v. Peter Puller (Kronen Zeitung)
Spannend, was da am 26. Jänner 2003 passiert ist. Zukünftig werde ich mich jedenfalls auf Lotto, Toto oder Roulette verlegen, anstatt sinnlose Wahlprognosen abzugeben. Che Ernesto, der liebe Onkel, hat es allen gezeigt! Gut, dass der Engel der Mieter nicht an der Braunschweiger erstickt ist, die ihm vor lauter Überraschung über den Triumph im Halse stecken geblieben war. Graz darf alles. Doch halt - im Trubel um die Revolution haben wir beinahe auf einige andere interessante Aspekte vergessen. Nämlich jene, die objektiv betrachtet wesentlich gewichtiger sind, als ein Kommunist, der außer seinem obligatorischen „Njet“ zur Tagespolitik nur wenig beizutragen hat. Da wäre zum Beispiel das Waterloo der FPÖ, der wir an dieser Stelle nicht mehr Bedeutung einräumen wollen als in der Realität. Oder die SPÖ, die beim Erbe ihres Parteikollegen Altbürgermeister Stingl gerade noch den Pflichtteil antreten durfte. Und die Grünen, die nach ihren Träumen von einem Sitz im Stadtsenat jetzt nur noch schwarz sehen. Denn - und das sollte eigentlich die aufregendste Neuerung sein - die Volkspartei konnte den Bürgermeistersessel ergattern. Graz ist eine gute Stadt und darum sollte Siegi Nagl tunlichst alles daran setzen, dass das auch so bleibt. Seine Vergangenheit als Chef der Innenstadtinitiative und als Finanzstadtrat streichen wir sozusagen als Einstandsgeschenk aus unserem Gedächtnis. Geben wir ihm die Chance zu beweisen, dass er mehr ist, als nur der größte Konkurrent Karl Heinz Grassers im Casting zum Schwiegersohn der Nation und Stingls Lehrbub. Siehe da - nach einigen Monaten Anlaufzeit, in denen Nagl fast nur auf bunten Fotos in Erscheinung trat, schaffte er es doch noch zum Medienliebling. Aber „Bad News are good news“ - dieser fragwürdige Leitspruch behielt leider seine Gültigkeit. „Durchgesetzt - Abbruchbescheid bleibt aufrecht“ wurde etwa auf der Homepage der Grazer VP die Kommod-Affäre frohlockend kommentiert. Ein bisserl diplomatischer hätte es der Bürgermeister eines Weltkulturerbes schon formulieren können, auch wenn seine Position in dieser heiklen Frage nachvollziehbar und vor allem mutig war. Den eigenen Koalitionspartner als dumm zu bezeichnen, wie es Nagl nach dem Rechnungshofbericht über seine Ära als Schatzmeister der Stadt in einer panischen Notwehrreaktion passiert ist, zeugt auch nicht von politischem Geschick. Auch das „Verkehrskonzept“, das es allen Grazern ermöglichen soll, mit dem Auto bis in die Küche zu fahren, hat ordentlich Feinstaub aufgewirbelt. Um noch einmal den Vergleich zu KHG zu ziehen: Ich denke, der Bürgermeister wurde schlecht beraten. Eine Katastrophe ist das aber nicht, denn auch in Graz gilt der bundesweite Wahlslogan der Volkspartei: Wer, wenn nicht er. Während der Bürgermeister nämlich einen graziösen Eiertanz von einem Fettnäpfchen ins nächste auf das Parkett legt, ist die Konkurrenz auffällig unauffällig. Die Bilanz 2003: Das Kulturjahr war schön, sonst ist nichts passiert. Bürgermeister Nagl führt die Ära Stingl nahtlos weiter. Schade eigentlich - denn Graz ist eine gute Stadt, aber es gibt noch viel zu bewegen. Und eines dürfen wir nicht vergessen: Graz darf alles. Außer schwul sein.
Spannend, was da am 26. Jänner 2003 passiert ist. Zukünftig werde ich mich jedenfalls auf Lotto, Toto oder Roulette verlegen, anstatt sinnlose Wahlprognosen abzugeben. Che Ernesto, der liebe Onkel, hat es allen gezeigt! Gut, dass der Engel der Mieter nicht an der Braunschweiger erstickt ist, die ihm vor lauter Überraschung über den Triumph im Halse stecken geblieben war. Graz darf alles. Doch halt - im Trubel um die Revolution haben wir beinahe auf einige andere interessante Aspekte vergessen. Nämlich jene, die objektiv betrachtet wesentlich gewichtiger sind, als ein Kommunist, der außer seinem obligatorischen „Njet“ zur Tagespolitik nur wenig beizutragen hat. Da wäre zum Beispiel das Waterloo der FPÖ, der wir an dieser Stelle nicht mehr Bedeutung einräumen wollen als in der Realität. Oder die SPÖ, die beim Erbe ihres Parteikollegen Altbürgermeister Stingl gerade noch den Pflichtteil antreten durfte. Und die Grünen, die nach ihren Träumen von einem Sitz im Stadtsenat jetzt nur noch schwarz sehen. Denn - und das sollte eigentlich die aufregendste Neuerung sein - die Volkspartei konnte den Bürgermeistersessel ergattern. Graz ist eine gute Stadt und darum sollte Siegi Nagl tunlichst alles daran setzen, dass das auch so bleibt. Seine Vergangenheit als Chef der Innenstadtinitiative und als Finanzstadtrat streichen wir sozusagen als Einstandsgeschenk aus unserem Gedächtnis. Geben wir ihm die Chance zu beweisen, dass er mehr ist, als nur der größte Konkurrent Karl Heinz Grassers im Casting zum Schwiegersohn der Nation und Stingls Lehrbub. Siehe da - nach einigen Monaten Anlaufzeit, in denen Nagl fast nur auf bunten Fotos in Erscheinung trat, schaffte er es doch noch zum Medienliebling. Aber „Bad News are good news“ - dieser fragwürdige Leitspruch behielt leider seine Gültigkeit. „Durchgesetzt - Abbruchbescheid bleibt aufrecht“ wurde etwa auf der Homepage der Grazer VP die Kommod-Affäre frohlockend kommentiert. Ein bisserl diplomatischer hätte es der Bürgermeister eines Weltkulturerbes schon formulieren können, auch wenn seine Position in dieser heiklen Frage nachvollziehbar und vor allem mutig war. Den eigenen Koalitionspartner als dumm zu bezeichnen, wie es Nagl nach dem Rechnungshofbericht über seine Ära als Schatzmeister der Stadt in einer panischen Notwehrreaktion passiert ist, zeugt auch nicht von politischem Geschick. Auch das „Verkehrskonzept“, das es allen Grazern ermöglichen soll, mit dem Auto bis in die Küche zu fahren, hat ordentlich Feinstaub aufgewirbelt. Um noch einmal den Vergleich zu KHG zu ziehen: Ich denke, der Bürgermeister wurde schlecht beraten. Eine Katastrophe ist das aber nicht, denn auch in Graz gilt der bundesweite Wahlslogan der Volkspartei: Wer, wenn nicht er. Während der Bürgermeister nämlich einen graziösen Eiertanz von einem Fettnäpfchen ins nächste auf das Parkett legt, ist die Konkurrenz auffällig unauffällig. Die Bilanz 2003: Das Kulturjahr war schön, sonst ist nichts passiert. Bürgermeister Nagl führt die Ära Stingl nahtlos weiter. Schade eigentlich - denn Graz ist eine gute Stadt, aber es gibt noch viel zu bewegen. Und eines dürfen wir nicht vergessen: Graz darf alles. Außer schwul sein.
orizont - 11. Feb, 14:48
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